Zeitvorsorge und Demografie

Ruedi Winkler

Bundesrat Bernet hat in einer Diskussion zu seinen Vorschlägen zur Revision der 1. und 2. Säule auf die Frage, ob der Bundesrat einen Plan B habe, gesagt: „Das ist der Plan B!“. Da hat er vermutlich Recht. Angesichts der anstehenden demografischen Veränderungen in den nächsten Jahrzehnten ist das wirklich ein Plan B – und er genügt nicht.

Die Auswirkungen der demografischen Veränderungen werden unterschätzt. Wenn das Ziel ist, dass niemand im Alter in den nächsten Jahrzehnten in grosser Armut leben muss braucht es mehr. Wenn das Ziel ist, dass niemand unwürdig und isoliert leben muss, reichts ebenfalls nicht.

Die Ausgangslage ist klar, sie kann in drei Natural Viagra: Differences between herbal Viag… Punkten zusammengefasst werden:

  1. Das Verhältnis zwischen Erwerbsfähigen und Pensionierten wird sich in der Schweiz von heute ca. 3,5 : 1 bis 2040 auf 2 : 1 verändern. Das Durchschnittsalter steigt weiter.
  2. Gemäss dem eidg. Finanzdepartement wird der Anstieg der demografieabhängigen Ausgaben ohne Gegenmassnahmen bis 2060 um 3,9 Prozent des BIP steigen.
  3. Noch nie in der Menschheitsgeschichte gab es eine Lebensphase zwischen 60 und 75, in der die Menschen zum grössten Teil gesund waren und aktiv sein konnten. Sie sind als erfahrene und meist befriedigend bis gut gestellte Personen eine wichtige Ressource der Gesellschaft.
    Die Menschen in dieser sogenannten dritten Lebensphase sind im heutigen Sozialsystem „nicht vorgesehen“.

Gesellschaftlich, politisch und sozial müssen die folgenden Aufgaben höchste Priorität haben:

  • Sicherung der Betreuung und Pflege der Menschen über 80.
  • Finden einer von allen Generationen als fair empfundenen Aufgaben- und Lastenverteilung. Dafür müssen auch neue Wege beschritten werden, z.B. mit der Förderung der Unterstützung von Mensch zu Mensch durch den Anreiz der Zeitvorsorge.
  • Die finanziellen Belastungen der erwerbstätigen Bevölkerung und der Wirtschaft müssen tragbar sein.

Faire Lastenverteilung

Eine Bezahlung im Lohnverhältnis für alle Betreuungs- und Unterstützungsaufgaben (wir sprechen hier ausdrücklich von Betreuung und Unterstützung, die Pflege soll Sache der bezahlten Fachleute bleiben), die infolge der demografischen Veränderungen auf uns zukommen, würde die Generation im Erwerbsalter massiv belasten, sie überfordern. Ein Generationenkonflikt der schwereren Art wäre unvermeidlich. Es müssen neue Wege gesucht werden. Schon heute erbringen Familienmitglieder, Nachbarn und die vielen Freiwilligen einen riesigen Beitrag. D.h. bereits heute leisten Freiwillige in diesem Bereich ungefähr gleich viele Stunden, wie sie im gesamten Gesundheits- und Sozialwesen bezahlt geleistet werden (2006: 706 Mio. Stunden). Aber das wird in Zukunft nicht reichen. Es braucht mehr. Reine Freiwilligenarbeit kann jedoch kaum mehr wesentlich ausgedehnt werden. Also braucht es neue Ideen und Lösungen. Die Zeitvorsorge kann da einen Beitrag leisten. Der Verein KISS bietet ein Modell an, das bereits in der Gemeinde Sarnen und der Stadt Luzern läuft (www.kiss-zeit.ch). Es gibt auch ein Projekt in St. Gallen (www.zeitvorsorge.ch).

Wie funktioniert die Zeitvorsorge nach KISS?

Der Kern der geldfreien 4. Vorsorgesäule KISS liegt in der unterstützenden Begleitung von Mensch zu Mensch. Jede Person unterstützt mit den Fähigkeiten, die sie hat und lässt sich dort unterstützen, wo sie dies benötigt. Der Informatiker im Rollstuhl unterstützt den Grossvater, der über den PC mit den Enkeln kommunizieren will und dieser besorgt dem Informatiker dafür den Einkauf usw. Ziel der unterstützenden Begleitung ist immer die möglichst lange Erhaltung der selbstständigen oder teilselbstständigen Lebensführung und Lebensqualität und -freude.

Das Instrument für die Zeitvorsorge sind die Zeitgutschriften. Es wird nicht Geld für eine Leistung gutgeschrieben, sondern Zeit. Leistung und Gegenleistung können zeitlich auseinanderliegen. Zeitgutschriften entstehen, indem eine Person eine Leistung erbringt und eine andere diese Leistung empfängt. Die dafür aufgewendete Zeit wird der LeistungsempfängerIn auf dem Zeitkonto belastet, und der LeistungserbringerIn auf ihrem Zeitkonto gutgeschrieben. Die Masseinheit ist die Stunde. Geleistete Stunden werden als solche gutgeschrieben und bezogene Stunden werden belastet. Die Art der in dieser Stunde bezogenen bzw. erbrachten Leistung ist nicht massgebend, eine Stunde ist eine Stunde. Es erfolgt keine Umrechnung in Franken. Eine Stunde Vorlesen ist gleich viel Wert wie eine Stunde Einrichten des PC. Und eine Stunde behält ihren vollen Wert auch in zwanzig oder fünfzig Jahren: Eine Stunde ist immer eine Stunde wert. Zeitgutschriften können nicht gekauft oder verkauft werden, sie sind auch nicht vererbbar, sie können jedoch verschenkt werden.

Das Projekt KISS erhöht den Nutzen der Spitex (Spitex pflegt ambulant, KISS betreut und unterstützt) und ergänzt die Freiwilligenarbeit (die Möglichkeit, sich dank der Zeitvorsorge mit einem eigenen Zeitguthaben seine Situation im Alter oder in Krisenfällen zu verbessern, ist ein wichtiger Anreiz, sich aktiv zu engagieren). Und v.a.: Es geht um die Unterstützung von Mensch zu Mensch. Die direkten Begegnungen stärken die persönlichen Beziehungen und den Gemeinschaftssinn und erhöhen den Zusammenhalt in der Gesellschaft.

20.03.14/Ruedi Winkler