Neue Lösungen oder dem Rechtsextremismus zuarbeiten?

Neue Lösungen oder dem Rechtsextremismus zuarbeiten?
Ruedi Winkler
In praktisch allen Ländern Europas wird geklagt, dass die Ideen der politisch Rechtsstehenden immer stärkeren Rückhalt finden und nicht nur dies, sondern dass auch die extreme Rechte an Bedeutung zunimmt. Anstatt über diese Entwicklung zu klagen, wäre es hilfreicher, den Ursachen auf den Grund zu gehen. Hinter der Bereitschaft, die Rechte immer mehr zu stärken, und dabei auch vor Extremen nicht zurückzuschrecken, steht auch eine Enttäuschung, die nicht ohne Grund besteht. Generell kennen wir die Entwicklung, dass die Reichen immer reicher und die Ärmeren immer ärmer werden.
Schaut man etwas differenzierter hin, wie es zum Beispiel der Soziologe Reckwitz in seinem Buch „Das Ende der Illusionen. Politik, Oekonomie und Kultur in der Spätmoderne“ tut, dann wird deutlich, dass es innerhalb der Gesellschaft Verlierer und Gewinner. Dabei wird deutlich, dass die Verlierer deutlich zahlreicher sind und v.a. dass ihre Hoffnung, aus dieser Situation herauszukommen, massiv schwindet. Wenn Menschen in einer gesamthaft von Ueberfluss gezeichneten Gesellschaft sehen, dass sie verlieren und Aussicht auf Besserung nicht besteht enttäuscht sind, dann ist das weiter nicht erklärungsbedürftig. Wenn z.B. in Familien beide Elternteile Lohnarbeit leisten, und es reicht immer noch nicht und wenn sie zusehen, wie die Immobilienfirmen hohe Gewinne machen und die Mietzinse werden immer drückender, dann ist es kein Wunder, wenn sie für extreme Ideen ansprechbar werden. Vor vor allem wenn sie den Eindruck haben, diese seien die einzigen, die ihr Problem wirklich verstehen und sie nicht mit irgendwelchen abstrakten Erklärungen still legen wollen.
Die übliche Ausrede der etablierten Politik ist jeweils, dass aus finanziellen Gründen weder die Firmen noch der Staat die Möglichkeit hätten, die Verliererinnen und Verlierer besser zu stellen, bzw. das System so anzupassen, dass die Einkommensschere nicht mehr weiter auseinandergeht, und dass im übrigen die Kosten für die soziale Sicherheit sowieso zu hoch seien. .
Mit ein Grund für diese Argumentation ist, dass die Ökonomie in überkommenen Denkweisen und Stereotypen verhaftet bleibt. Eine Ökonomie, die von alters her darauf ausgerichtet ist, die Starken stärker zu machen und die besser Gestellten noch besser zu stellen und auf Konkurrenz statt Kooperation ausgerichtet ist. Mit dem Wohlfahrtstaat wurde dies in der Zeit seit dem zweiten Weltkrieg erfolgreich aufgefangen, mit dem Beginn des extremen Neoliberalismus seit den 80-er Jahren kam jedoch eine Gegenströmung zu immer grösserem Einfluss, die die Regeln des Kapitalismus über alles stellt und damit wächst logischerweise der Anteil der Verliererinnen und Verlierer.
In unserer Gesellschaft wird schon seit der Industrialisierung, der existentiell entscheidende Sektor, das heisst u.a. die Erziehung der Kinder, die Betreuung und Pflege der Kranken, Alten und Behinderten usw. zu einem entscheidenden Teil von schlecht bezahlter Arbeit oder Freiwilligenarbeit getragen wird.
Es ist kaum eine Frage, dass ein solcher Zustand für eine moderne Gesellschaft nicht nur unhaltbar, sondern direkt beschämend ist. Dies umso mehr, als es Lösungsvorschläge gibt, die über die etablierte Ökonomie, wie sie heute in den westlichen Ländern dominiert, hinaus geht. In den USA gibt es eine breite Diskussion über die sogenannte Modern Monetary Theory. Und mit ihrem Vier-Sektoren-Modell hat die feministische Schweizeroekonomin Mascha Madörin ein Viersektorenmodell anstelle des heutigen Dreisektorenmodells definiert.
Damit sind die Grundlagen für eine Neukonzeption vorhanden. Der Sektor, der über das vom Staat selbst geschaffene Geld finanziert werden soll, kann aufgrund der Arbeiten von Mascha Madörin definiert und auch ökonomisch beschrieben und quantifiziert werden. Mit der Modern Monetary Theory ist die theoretische Grundlage für die Gestaltung des Geldsystems um diesen Sektor nachhaltig zu finanzieren ebenfalls vorhanden.
Es ist im Grunde genommen nur eine Frage, ob die politisch Verantwortlichen, und in den Demokratien auch die Bevölkerung, bereit sind, diese Wege zu gehen. Oder ob sie allein auf ihre Pfründe schauen, die Verschärfung der Polarisierung in Gewinner und Verlierer weiter in Kauf nehmen und damit wirksam den extremen Rechten zuarbeiten. Lösungen gibt es, die Folgen, wenn wir nichts tun kennen wir. Worauf warten wir noch?

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